Diagnose – Dysthymia und ÄVPS: Was nun? Sortieren und Aufklären

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Wichtiger Hinweis: Ich habe alles nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und vor allem meine eigene Erfahrung ist mit eingeflossen. Psychische Krankheiten sind so individuell wie die Menschen selbst. Das bitte ich beim Lesen zu berücksichtigen.

Ich habe mich in letzter Zeit zurückgehalten einen Blog zu meiner Diagnosesituation zu schreiben. Der letzte Stand war für euch, dass ich auf der Suche nach einem/r DiagnostikerIn war. Ich habe unzählige E-Mails geschrieben und war auch fast davor, viel Geld für eine Privatpraxis hinzulegen.
Doch dann kam eine Freundin mit „Hey. Schau mal da. Vielleicht haben die noch Platz.“ Und ich habe auch dahin eine E-Mail geschrieben und dann gewartet. Eine Woche und ich wurde angeschrieben, man hat telefoniert und wieder gewartet.

Wieder ein Anruf und dann ging es Schlag auf Schlag. Ich habe sofort einen Termin für das Screening erhalten und einen für die Diagnosestellung und dann hieß es warten. Ich war ein totales Nervenbündel. Wie für mich üblich, habe ich alles zerdacht. Mir die schlimmsten Szenarien vorgestellt. Nicht was die Diagnose angeht. Zumindest nicht, die eigentliche Diagnose an sich. Sondern eher …. das sie nichts finden und ich weiterhin unwissend bleibe. Der Gedanke war die Hölle.
Und irgendwann kam dann der Termin und ich musste leider alleine hinfahren, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und war nervous as fuck. Und es war am Ende alles sehr kräfteraubend.

Das Screening

Ich musste erstmal das Gebäude suchen. Das Klinikum war riesig und der direkte Weg zur psychiatrischen Diagnostik war … durch eine Baustelle versperrt (Willkommen in Berlin). Also habe ich erstmal 30 Minuten damit verbracht zu suchen. Ein Glück bin ich so paranoid, dass ich bei Erstbesuchen immer viel mehr Zeit einplane.
So war ich am Ende also ne halbe Stunde zu früh.
Als ich dann endlich dran war, musste ich nahezu eine Stunde erzählen. Und erzählen. Ich erzählte von meiner Kindheit, meinem Leben, meinen Beziehungen und sprang dabei vor Nervosität hin und her. Während ich den Faden zig mal verloren habe, sah ich die Psychologin schreiben und schreiben und schreiben und zuhören.

Sie stellte exakt eine Zwischenfrage. Dann klärte sie mich über ein, zwei Dinge auf, stellte einen Verdacht, den ich, als ich rausging, wieder vergessen habe, und drückte mir quasi einen Laptop in die Hand, auf dem ich hunderte Fragen beantworten musste. Das eigentliche Screening hat begonnen.
Die Fragen waren seltsam. Vor allem, weil sie im ersten Moment so gar nicht zu meinen Fragen passten, die ich mir stellte. Ich versuchte sie geduldig zu beantworten und bin dann, nach einer Dreiviertelstunde, total erschöpft gegangen.

Das Warten

Vom Screening bis zum Ergebnis vergingen 1,5 Wochen. Und mit jedem Tag wurde es irgendwie schwerer, für mich, der so schon ungeduldig ist, geduldig und stark zu bleiben. Mit jedem Tag war ich erschöpfter. Müder. Ratloser?
Ich habe mich in ein Spiel gestürzt, die Arbeit so gut es ging erledigt, mich wieder ein wenig Beef hingegeben. Aber wirklich zufrieden war ich mit meiner Gesamtsituation so gar nicht.

Mein Mann musste sich dauernd anhören, was mir durch den Kopf geht. Meine Freunde. Viele andere Personen. Es hat geholfen, den Kopf etwas zu entlüften. Aber der Druck kam teilweise schneller wieder, als ich darüber reden/schreiben konnte.
Aber am Ende, und das musste ich mir doch eingestehen, musste ich warten. Ob es mir passt, oder halt eben nicht. Und dann kam der Tag.

Die Diagnose … n

Ich bin ja mit einem Verdacht hingegangen (dem ich weiterhin noch nachgehen werde, aber erst nach dem Umzug) und dieser Verdacht wurde … komplett ausgeschlossen (Da hole ich mir noch eine zweite Meinung ein) und mir wurde, nachdem ich noch ein paar Fragen hatte, die Diagnose gegeben.

Ich leide unter einer Dysthymia (dazu gleich mehr) und einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung (ÄVPS). Sie hat mir sehr wissenschaftlich versucht zu erklären, was es ist und meine einzige Frage war „Und das seid meiner frühesten Kindheit?“ Und sie bejahte das auf die Dysthymia bezogen.
Mein Kopf hat sich erstmal geweigert, dies zu akzeptieren. Wie schon gesagt: Ich bin mit einer anderen Erwartung an die ganze Sache rangegangen. Nach dem Gespräch bin ich erstmal nach Hause gegangen und hab mit meinem Mann geredet.

Ich habe mich viel mit Leuten ausgetauscht und vor allem, sehr, sehr viele Informationen gesammelt und möchte, nachdem ich nun die Akzeptanz über mich ergehen lassen habe, sofort mit der Aufklärung beginnen. Vor allem, weil ich das wichtig finde und es mir auch hilft, Dinge zu verarbeiten.
Also legen wir erstmal mit dem los, was nicht seit meiner Kindheit besteht, und ich sogar recht genau abgrenzen kann für mich.

Die Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (ÄVPS)

Eine Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung zeichnet sich primär dadurch aus, dass man sich selbst sehr gehemmt, unattraktiv und minderwertig fühlt und aus Angst vor (vor allem negativer) Kritik oder davor verspottet zu werden, soziale Kontakte meidet. Oft fühlen sie sich unfähig, ihre Meinung zu vertreten, und haben sehr oft (Wie auch bei der Dysthymia) das Problem, dass sie sich durch ein Unverstandenfühlen noch mehr in diese Unfähigkeitsgefühle verlieren.
Menschen mit einer ÄVPS sind meist, auch innerhalb von Gruppen, eher ruhig und zurückgezogen und ihnen fällt es vor allem sehr schwer nein zu sagen, weil es ihnen negativ ausgelegt werden könnte. Für Menschen mit dieser Diagnose sind soziale Kontakte sehr unangenehm und Augenkontakt wird, in vielen Fällen, so gut es geht vermieden. Wenn soziale Kontakte entstehen, sind Betroffene meist sehr auf Distanz bedacht und quälen sich eher durch das Gespräch.

Vor allem halten sie sich in (Gruppen)Gesprächen oft mit dem Redefluss zurück. Bei mir kommt es tatsächlich auf das Thema an. Der Rest würde ich sagen, und auch das musst ich mir mühsam erstmal eingestehen, passt eigentlich … wie Hatis Faust auf meinem Auge.

Selbsteinschätzung ÄVPS

Die Entstehung einer ÄVPS ist nicht ganz herzuleiten. Es wird viel vermutet, dass es auch genetische Ursachen haben kann (was mich so gar nicht wundern würde). Zusätzlich spielen noch negative Einflüsse eine sehr große Rolle. Ich möchte jetzt aber nicht Wikipedia runterrattern oder wissenschaftliche Schriften.
Eines aber noch vorweg: ÄVPS tritt vielleicht bei einem Prozent der Weltbevölkerung auf und daher gibt es sehr wenige Therapiebelege. Die meisten Therapien schaffen es, Besserung zu bringen, jedoch nicht wirklich ein Normalniveau der sozialen Kompetenz zu erreichen. Kommen wir nun aber wirklich zur Selbsteinschätzung.

Als Kind mochte ich z. B. noch Umarmungen und Körperkontakt. Was aber schon früh leicht abnahm, weil ich mich oft von der eigenen Familie abgelehnt gefühlt habe. Also Gefühle, die ich entwickelt habe. Im Laufe meiner Jugend hat sich das bereits geändert. Ich bin zwar noch „gerne“ weggegangen wie z. B. Discos, Clubs und sowas, aber mit möglichst viel Freiraum für mich.
Am Ende würde ich sagen, haben viele negative Erlebnisse dafür gesorgt, dass die ÄVPS sich immer weiter verschlimmert hat. Da war sie ja scheinbar schon immer und wäre vermutlich besser behandelbar, wäre ich als Kind diagnostiziert worden.

Ich hab tatsächlich immer noch das Bedürfnis, mal wieder in nen Club zu gehen. Aber die Menschenmassen, die in Berliner Clubs üblich sind, sind mir zu wider und ich müsste schon betrunken dort ankommen, um „Spaß“ zu entwickeln. Oder ich würde gerne mal wieder in eine Kneipe oder Bar gehen. Aber das Unwohlsein, was diese Krankheit mit sich bringt, ist wie eine unüberwindbare Mauer. Kino. Kino geht immer.

Ich bin jemand, der Distanz aufbaut aufgrund dieser Krankheit. Das sorgt dafür, dass Menschen mich für arrogant halten oder denken ich rede von oben herab mit ihnen. Vor allem, weil ich oft den Augenkontakt meide. Dabei hat das eben andere Gründe. Wenn ich was mache, will ich es gut machen. Ich will mir und (primär Anderen) beweisen, dass ich Dinge kann. Es ist am Ende schon ein wenig … wie ein Zwang, dem man nicht entkommt.
Gerade auf Arbeit wurde mir (nach Projekten oder Präsentationen) oft zugetragen, dass ich wirke, als wäre ich von oben herab. Das ist aber niemals (!) meine Absicht. Und ich habe oft versucht, daran zu arbeiten. Und jetzt weiß ich auch, warum das nie wirklich geklappt hat, daran zu arbeiten. Während man bei einer normalen Unterhaltung wenigstens versuchen kann, ein gewisses soziales Niveau zu wahren, ist das bei Vorträgen (für mich) schwerer, weil man da seine Arbeit präsentieren möchte, in die man viel Zeit und Aufwand reingesteckt hat, und da schaltet was im Kopf um.
Man wird forscher und nimmt oft ein Ton an, den man nicht beabsichtigt und ist am Ende … das arrogante Arschloch, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Ich habe mich auch jahrelang gezwungen, Augenkontakte aufrecht zu erhalten, egal wie unangenehm es für mich war. Ihr kennt das: „Schau mich gefälligst an wenn ich mit dir rede!“ Und so. Außerdem wird es von der Gesellschaft als sehr unhöflich empfunden, wenn man dem Gesprächspartner nicht in die Augen schaut.
Ich weiß nicht warum, aber durch Corona habe ich mir das Erzwingen abgewöhnt. Ich schau jemandem nen paar Sekunden an und dann entweder an der Person vorbei oder ich tu so, als würde ich irgendwas suchen. Oder ich würde was „wichtiges“ tun. Eben damit Menschen es nicht als unhöflich auffassen. Ich … mag es einfach nicht.

Am Ende erklärt die ÄVPS vieles in meinem Leben. Nur wie erklärt man es anderen Menschen? Und vor allem denen, die mit Sätzen kommen wie „Geh einfach mehr unter Leute. Du wirst dich schon dran gewöhnen“. Ätzend. Ich hasse das.
Und das in der Kombination mit dem, was nun kommt, ist das wie ein Gewinn im Lotto. Nur … ohne Geldausschüttung.

Dysthymia – hochfunktionale Depression

Ähnlich wie die ÄVPS, ist diese Diagnose nicht sehr weit verbreitet. Etwa um die 1,5 % pro Jahr der Weltbevölkerung werden damit diagnostiziert. Davon entfallen ca. 3-15 % alleine auf die USA.
Eine Dysthymie ist, je nachdem wann sie erkannt wird, eine weitgehend behandlungsresistente psychologische Erkrankung. Durch Therapien und Medikamente kann zwar eine Besserung entstehen, jedoch ist dies selten der Fall und eine Heilung davon leider nahezu ausgeschlossen (je nachdem, ob man einen Fachmediziner oder einen Homöopathen fragt). Und das Tragischste daran: Sie ist chronisch. Dazu aber gleich mehr.

Zusätzlich ist die Besserung auch davon abhängig, wann sie diagnostiziert wird. Im Kindesalter hat es mehr Erfolg, als … in meinem Alter oder sogar noch später. Die Symptome der Dysthymie werden von Betroffenen als „Ich bin halt so“ gesehen und auch verinnerlicht. Dementsprechend werden auch im Gehirn Bahnen angelegt, die dieses Empfinden auch dauerhaft … speichern?
Dazu gibt es auch belege (die leider nur Frauen berücksichtigen, weil bei Frauen die Krankheit häufiger auftritt als bei Männern), dass PatientInnen mit Dysthymia eine andere Ausprägung gewisser Gehirnstrukturen haben als psychisch gesunde Menschen.
Am Ende heißt das: Eine Besserung ist möglich, für eine Heilung bräuchte ich ein neues Hirn. Übertrieben dargestellt natürlich. Es ist am Ende etwas, mit dem man lebt und sich arrangieren muss und hier auch an seine Mitmenschen appellieren muss, das zu akzeptieren.
Kennt ihr das?

„Hast du schlechte Laune?“

„Lächel doch mal?“

„Geh mal ein wenig raus an die Sonne. Dann geht es dir besser!“

„Ein bisschen Optimismus könnte dir nicht schaden.“

Gerade die schlechte Laune Frage und das mit dem Lächeln sorgt dafür, dass es irgendwann reflexartig vorkommt. Man lächelt, weil man jemanden sieht. Man lächelt, weil es in bestimmten Situationen erwartet wird. Ähnlich wie mit dem Augenkontakt. Man zwingt sich dazu.
Eine Dysthymie ist … eine andauernde Depression. Sie ist zwar schwächer ausgelegt, als die meisten anderen Depressionen, aber dafür ist die Laufzeit oft mehrere Jahre lang oder wie in meinem Fall … für immer.

Dysthymie betroffene haben ein sehr geringes selbstwertgefühlt, sind oft erschöpft, haben einen sehr schlechten Schlaf und sehr wenig Energie und Freude. Selbst alltägliche Unternehmungen sorgen nicht dafür, dass man erheitert wird oder so. Es ist quasi ein Dauerzustand der Traurigkeit. Das wäre es stark vereinfacht ausgedrückt.
Betroffene mit einer Dysthymie weisen oft folgende Merkmale auf (Danke an Psych2Go DE auf YT die eine vereinfachte Erklärung in einem Video) und auf mich treffen leider alle zu. Ich werde auch mein Verhalten erklären zu den einzelnen Punkten:

  1. Sorgen um die Zeit
    Da kann mein Mann ein Lied von singen, wie oft ich mich darüber beschwere, keine Zeit zu haben und dass alles, was ich mache, doch am Ende Zeitverschwendung ist. Das ist bei mir sehr ausgeprägt und es gibt nur sehr weniges, worin ich keine Zeitverschwendung sehe. Dieser Blog z. B.. Ich behaupte, dass ich mit diesen Inhalten zur Aufklärung vieler Menschen Beitragen kann.
    Aber generell, egal was ich tu, sehe ich Zeitverschwendung dahinter. Selbst schlafen ist für mich Zeitverschwendung. Wenn nicht sogar die Größte.
  2. Selbstkritik
    Betroffene kritisieren ALLES was sie tun. Ich bin z. B. ein Mensch der Dinge ausprobiert. Immer wieder. Aber ich kritisiere mich selbst so scharf, dass ich kaum was durchziehe. Oder gar zu Ende bringe.
    Das kommt von dem Gefühl, nicht gut genug zu sein. Nicht das zu sein, was man selbst von sich erhofft/erwartet. Viele Betroffene treibt dies an ungesunde Grenzen. Ich bin tatsächlich einer … der Dinge dann einfach fallen lässt (zum Glück, sei an dieser Stelle gesagt).
  3. Alles zerdenken
    Das wurde mir auch schon so oft gesagt und ich sage das auch oft zu anderen. Aber in meinem Fall trifft es das sehr, sehr gut: Ich denke solange über etwas nach, egal wie sinnvoll es ist, oder eben nicht, dass es mir den Schlaf raubt.
    Als Hati zum Beispiel das erste Mal hier war, hab ich mich selbst so weit in Panik gebracht, dass ich mich vor seiner Ankunft gedanklich schon im Schlafzimmer verbarrikadiert sehen habe. „Was wäre wenn… und dann wenn doch…“. Das sind Gedankengänge, die einen Strudel erschaffen, aus dem man es kaum heraus schafft.
  4. Missverständnisgefühle
    In dem Video von Psych2Go DE wird das sehr runtergebrochen auf die Krankheit. Aber es ist tatsächlich ein generelles Problem der Betroffenen. Man fühlt sich oft und schnell unverstanden oder missverstanden. Sei es in Unterhaltungen, oder in Taten. Ich hab das z. B. öfter auf arbeit. Ich erkläre meine Sicht von etwas und stoße auf Blockaden oder mir wird zu verstehen gegeben (vielleicht auch unabsichtlich) dass mein Denken falsch ist.
    Das sorgt dafür, dass man sich irgendwann noch weiter zurückzieht. Besonders im Zusammenhang mit der ÄVPS. Dazu aber später noch mehr.
  5. Das Meer der Traurigkeit
    Als Dysthymie-Erkrankter bist du die meiste Zeit, oder in schweren Fällen fast immer, traurig. Während man bei den meisten anderen Depressionsarten sagen kann „Ich war das letzte Mal dann und dann traurig“ ist es bei Betroffenen einer Dysthymie eher so, dass man sagt „Ich kann mich nicht daran erinnern, glücklich gewesen zu sein“.
    Bei mir ist das dann, da ich mich ebenfalls nicht daran erinnern kann, ein „Ich war das letzte Mal zufrieden am … weil.“ Es ist eine nie endende, mal schwächer und mal stärker ausgeprägte, Traurigkeit. Eine .. missmutige Stimmung, die sich nicht beseitigen lässt, egal was man tut.
  6. Ungesunde Bewältigung
    Erkrankte versuchen natürlich mit ihrem Leben und ihrer (oft noch unbewussten Krankheit) zurechtzukommen. Dennoch versuchen Betroffene irgendwie den Kopf abzuschalten. Viele Betroffene geraten dadurch in eine Alkohol- oder Drogensucht.
    Ich habe bei schlimmeren Phasen ein gestörtes (aber nicht krankhaft gestörtes) Essverhalten. Sogenannter Überappetit. Ich möchte fettiges Essen und das tu ich dann auch. Auch in dem Wissen, dass ich danach ein schlechtes Gewissen habe, weil ich wieder fettiges gegessen habe. Es ist weniger geworden. Aber ganz abschalten kann ich das leider nicht.
    Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Unterappetit. Manche Erkrankten hören auf zu essen. Das über einen langen Zeitraum, was auch sehr ungesund und sogar zu schlimmeren Krankheiten führen kann.

Natürlich gibt es noch mehr ungesunde Bewältigungsmethoden. Ich habe mich hier aber auf die beschränkt, die am gängigsten sind oder mich betreffen.

  1. Ungesunde Zeitvertreibe
    Für Betroffene erscheinen Aktivitäten, wie Serien durchschauen, sich in Spielen zu vergraben absolut normal. Genauso wie alle anderen genannten Punkte. Schließlich bestreiten sie ihr Leben ja auch wie alle anderen.
    Es ist ihre Flucht von der Realität, die ihnen das Leben so schwer macht. Und vor allem versuchen sie, der Krankheit ein wenig zu entkommen. Es mag ungesund erscheinen für andere. Für Betroffene sind es allerdings Mittel, in nicht noch tiefere Depressionen zu fallen.

In dem Video wurde es gut beschrieben: Erkrankte fühlen sich oft taub und manchmal so, als würden sie nicht in die Welt passen, weil andere nicht so sind. Andere Lachen, Freuen sich, Verlieben sich. Und uns Betroffenen bleibt am Ende nur der Schleier, der uns traurig macht.

Einher mit einer Dysthymie gehen, wie schon erwähnt, (Alles in meinem Fall) erhöhter Appetit, Schlafstörungen, Erschöpfung und wenig Energie, verringertes Selbstvertrauen, verringertes Konzentrationsvermögen (was in meinem Fall immer schlimmer wird, je weniger mich etwas interessiert) und Schwierigkeiten Entscheidungen zu treffen und zu guter Letzt oft langanhaltende Hoffnungslosigkeit oder Pessimismus.

Das ist doch normal …

Dachte ich. Ich dachte wirklich, dass das, was ich bin, normal wär. Mein ganzes Leben. Und so geht es vielen Betroffenen. Man hat bei Depressionen immer an diese klassischen Beschreibungen gedacht. Tod unglücklich. Oft auch mit einem Hang zum suizid. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass meine permanent gedrückte Stimmung wirklich ein Krankheitsbild.
„Ich bin so.“ Dachte ich immer und am Ende ist es auch so. Ich bin so und am Ende werde ich so bleiben. Am Ende hat sich Roswitha also als eine wirklich existierende Krankheit herausgestellt, ohne das vorher zu wissen.

Ich habe auch ein paar Betroffene einer Dysthymia gefunden und ich wollte euch etwas zitieren, was ich im Nachhinnein sehr … passend finde, gerade auf Roswitha bezogen.

„Ja, absolut richtig …. Die Dysthymie ist ein richtiges Miststück. Weil sie eben immer da ist, dich aber „Irgendwie, gerade noch so, aber niemals erfüllend oder gar glücklich, leben lässt.“

Zusätzlich beschreibt dieses Zitat auch ziemlich treffend, worum es bei der Dysthymie geht. Niemals glücklich zu sein. Aber was ist das nun alles zusammen? Ich sag es euch.

Double Depression

Die Dysthymie kommt selten allein. Oft tritt sie zusammen mit einem anderen psychologischen Krankheitsbild auf. Das Interessante daran: Es kann jedes sein. Und daher ist jede Dysthymia auch irgendwie einzigartig.
Es gibt Tage innerhalb eines Jahres, an denen ich es nicht schaffe aufzustehen. Und selbst wenn ich es schaffe, bin ich dann z. B. auf der Couch wie festgeklebt. Nichts könnte mich an diesen Tagen dazu bewegen, irgendwas zu tun. Ich fühl mich schwach, nutzlos, unfähig etwas zu tun.

Dann spricht man von einer Double Depression (Doppel Depression). Die ÄVPS kann nämlich durchaus episodisch sein und am Ende und in Verbindung zusammen mit der Dysthymia für ein totalen Knockout sorgen.
Es gibt Jahre, da tritt das öfter auf und dann gibt es Jahre, wo das nur ein oder vielleicht zwei Mal auftritt. Das ist auch eine Zeit, wo man sich unendlich leer fühlt. Nicht die Leere, die ich mir sonst wünsche, weil mein Kopf überladen ist. Sondern eine unangenehme Leere. Hilflosigkeit trifft es für mich, glaube ich ganz gut.

Selten, zumindest bei mir, kommt es auch vor, dass es einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt. Da hat auch mein Mann ein wenig mit mir zu kämpfen, weil ich generell lustlos bin. Und das tut mir immer besonders leid, wenn wir dann z. B. was machen, und ich eher anteilnahmslos bin.
Und ich habe immer Angst, dass das irgendwas ändern. Jobverlust z. B., oder dass mein(e) Partner sich von mir abwenden. Es ist am Ende eine Überflutung aller Ängste, über die ich schonmal gesprochen habe.

Ich habe mir auch einmal die Mühe gemacht, und eine Grafik, die auch mir in weniger schön gezeigt wurde, erstellt um euch das ganze mal zu verdeutlichen:

Die grüne Linie stellt den Stimmungsverlauf eines psychisch gesunden dar. Mal ist man gut drauf, mal weniger gut. Ein Auf und Ab ohne signifikante spitzen nach unten.
Die rote Linie ist die Durchschnittsdepression, wie es oft auch beschrieben wird. Man hat einen Verlauf der eines psychisch gesunden Menschen, jedoch geht es episodisch nach unten.
Wie oben erwähnt, können diese Personen oft genau bestimmen, wann sie einmal depressiv waren.
Die blautürkise Linie wäre ein Dysthymie-Betroffener. Eine permanente, düstere Stimmung ohne eine Verbesserung nach oben.
Und die violette Linie ist … Gerry. Dies ist dann eine Doppeldepression wie oben beschrieben. Man bewegt sich immer in der Depression und fällt episodisch in ein Loch, um an ende wieder in der permanenten Depression zu landen. Es gibt keinen Weg direkt nach oben.

Während z. B. Witze dafür sorgen, dass Menschen eine Weile davon erheitert werden können, ist es bei Dysthymie-Erkrankten etwas anders (vor allem aus eigener Erfahrung): Ich z. B. kann mich totlachen. Ich kann Dinge urkomisch finden. Aber erheitern tut mich das null. Ich bin nach dem Lachen innerhalb weniger Augenblicke wieder in meiner Düsternis.
Und aus Erfahrung kann ich sagen … das es die Hölle ist. Diese Kombi sorgt auch dafür, dass kleine Änderungen in gewohnten Situationen, mich aus der Bahn werfen. Ich hab dafür ein kleines Beispiel:
Auf der Arbeit, arbeiten wir mit sogenannten Backends. Also Arbeitsoberflächen, in denen wir viele Dinge tun können. Einmal wurde ein Eingabefenster verschoben. An den rechten Bildschirmrand. Das hat mich ein Tag komplett rausgehauen (und ich habe alles versucht, es mir nicht anmerken zu lassen). Und ich brauchte über eine Woche, um mich daran zu gewöhnen. Und es war anstrengend.

Und am Ende gibt es da kein raus. Gerade meine Kombination ist echt … schlimm (persönliches Empfinden). Beides ist schwer therapierbar und nicht heilbar. Das heißt …. ach dazu komme ich später noch. Aber glaubt mir bitte, wenn ich sage, dass ich den Jackpot gezogen habe. Aber ich bin mir sicher, dass es anderen noch schlimmer ergeht.
Aber … es gibt noch mehr.

Die Pröbchen

Ich habe einmal in einem anderen Kontext, einen witzigen Spruch bekommen. Ich wandle ihn aber etwas um und gebe ihn an euch weiter.

„Mit den Sonderproblemen ist es so: Es ist wie in einer Parfümerie. Du kaufst deine Depressionserkrankungen und kriegst noch weitere Problemchen als Pröbchen mit ins Tütchen.“

Am Ende fließt das Folgende mit in die Dysthymia ein. Ich habe im Vergleich zum Durchschnittsmenschlein eine erhöhte Impulsivität. Dies sorgt unter anderem dafür, dass ich mich schnell aufrege und innerlich sehr schnell auf 180 bin. Gerade das ist (für mich) sehr schwer zu kontrollieren.
Zusätzlich kostet das aber auch sehr viel Kraft, diese Impulsivität in Zaum zu halten. Gerade dann, wenn ich mich unverstanden fühle und sich Menschen keine Mühe geben, mich verstehen zu wollen.

Ich denke, über meine Ängste habe ich schon genug philosophiert und sogar riesige Projekte daraus gemacht, daher überspring ich den Teil einfach.
Eine große Unsicherheit im Sozialkontakt gehört ebenfalls zu diesen Pröbchen. Es gibt bei mir tatsächlich momente, wo ich überlege „Schreibst du diese Person wirklich an? Wäre sie überhaupt interessiert an einer Konversation?“. Und das nur digital. Im Reallife ist das noch schlimmer.

Andere Probleme, wie z. B. das Verstehen anderer Menschen (gerade Mimik und Gestik) sind auch vorhanden. Oder das Wiedergeben des eigenem Inneren an Dritte. Das betrifft auch, dass man sich verständlich mitteilt. Ich bin oft forsch, vorpreschend und, zumindest vermittelt mir man oft das Gefühl, missverständlich.
Am Ende … hätte ich auf diese Pröbchen verzichten können.

Wie geht es nun weiter?

Nach der Diagnose wurde mir geraten eine/n TherapeutIn aufzusuchen. Mit Betonung darauf, dass diese/r eine Approbation hat. Witzig. Ich hab fast lachen müssen. Es ist schon schwer, überhaupt TherapeutInnen zu finden. Die Suche nach eines/r TherapeutIn, ist eher wie eine Suche einer Nadel … in 20 Heuhaufen. Zumindest in Berlin.
Ich weiß aber, dass ich das in Berlin nicht mehr machen werde. Wir haben uns ja entschlossen, dieses Jahr umzuziehen. Und ich möchte mir nicht den Stress der Suche und auch einer etwaigen Therapie an sich, antun und mit in den Umzug ziehen. Nachher müssen die Jungs alles alleine machen, weil ich nicht hochkomme. Ich hab so schon Angst vor genau dieser Situation.

Zusätzlich wäre es sinnlos, hier eine Therapie anzufangen und dann in nem halben Jahr nochmal von vorne anzufangen. Das wirkt jetzt schon … sehr stressig. Wenn es nach mir ginge, würde ich mir eine Auszeit nehmen. Ausschlafen (auch wenn das Zeitverschwendung ist, scheine ich das nötig zu haben).
Mein Energiehaushalt ist aktuell absolut im Keller. Das hat alles viel gekostet. Die Dysthymia ist so schon sehr Energiegefräßig (Sie ist eine Energiehure). Die letzten Wochen waren zehrend. Und die letzten Tage haben mich komplett ausgesaugt.
Und ich habe mich auch noch dem Beef gewidmet und jetzt noch dieser Blog mit tausenden Worten. Ich bin einfach nur fertig.

Ich werde aber für mich nochmal schauen, ob ich das Zeichnen etwas motivierter angehe. Denn in der Zeit, wo ich aktiv gezeichnet habe, war alles etwas besser. Ich versuche, mir mein Setting dafür noch etwas zu optimieren, um gegen den Missmut und der eigenen Faulheit entgegenzuwirken.
Ich werde sicher irgendwann einen Therapeuten aufsuchen, aber ich hab für mich erstmal andere Wege geplant.

Die positiven Seiten der Medaille

Vieles, was schlecht ist, kommt oft auch mit positiven Seiten, die gerade dann zum Vorschein kommen, wenn man sich mit Menschen vernetzt, die ähnliche oder noch tiefergehende Probleme haben. Gerade auch bei Diagnosen.
Ich habe einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn (der manchmal auch etwas … zu intensiv kickt). Diskriminierung, Benachteiligung und sowas, sind für mich ein rotes Tuch, auf was ich in 99% aller Fälle anspringe. Wie ein wütender Bulle.

Ich muss mich nicht mehr dafür schämen, dass ich „Undankbar“, „unfreundlich“ oder „Asozial“ bin. Am Ende (und auch wenn das wie eine billige Entschuldigung klingt) kann ich nichts dafür. Und ich habe mir jetzt zwei Tage lang Zeit genommen, das zu verstehen.
Die Scham wird natürlich nie enden. Aber ich muss mich deswegen nicht mehr schlechter fühlen, als ich mich so schon fühle. Ich habe dem Monster im Kopf einen Namen gegeben gehabt. Roswitha. Und nun hat das Monster auch noch eine Gestalt. Und das ist beruhigend.

Ich habe endlich ein Werkzeug, Menschen aufzuklären, die Probleme mit mir haben. Ich kann sagen „Hey. Das hat folgenden Grund…“. Natürlich erleichtert das nichts. Ich werde in Zukunft noch die gleichen Probleme und Herausforderungen haben, wie jetzt auch.
Aber ich kann nun besser damit arbeiten. Und ich habe andere Entscheidungen gefestigt. Neue getroffen und ich hoffe, dass mein eigener Drang, in das Nichtstun abzudriften, mir nicht dazwischen kommt. Der war in den letzten Jahren doch sehr … präsent.

Und was vielleicht auch wichtig ist … Ich bin durch die Erkrankungen natürlich das perfekte Mobbing-Opfer (gewesen). Da hab ich für mich auch vieles erkennen können. Das rechtfertigt Mobbing dennoch nicht. Und wird es auch nie. Aber … sind wir ehrlich: Ich war leichte Beute. Aber dennoch …

Vergangene Kontakte

Vorweg: Ihr braucht kein schlechtes Gewissen haben. Ihr wusstet es nicht. Ich wusste es nicht. Niemand wusste es. Aber ich kann jetzt manche „Akten“ schließen. Oft habe ich mich ja gefragt, warum Menschen mein Leben verlassen haben. Vor allem die ÄVPS erklärt da megaviel.
Es gibt zwei Subtypen in der ÄVPS. Und ich habe beide durch. Früher war ich nachgiebig-ausnutzbar. Ich fühlte mich von anderen ausgenutzt oder wurde sogar ausgenutzt, was noch aktuelle Problem erklärt. Weil ich blind gegenüber diese Anzeichen war.

Ich glaube, das hat mich 25 Jahre lang begleitet, zu genau diesem Typus zu gehören. Inzwischen würde ich sagen, dass ich zum „Kühl-distanziert“ Subtyp geworden bin. Ich bin sehr misstrauisch geworden. Besonders, wenn man Dinge von mir möchte.
Ich weiß nicht, ob es üblich ist, beide Subtypen zu durchlaufen. Bei mir ist es halt so.

Oft haben Personen (darunter mir auch sehr wichtige Personen, die ich irgendwie sogar noch vermisse) mir den Rücken gekehrt, weil ich immer so negativ bin. Weil ich alles eher grau-schwarz, statt in weiß, betrachte.
Weil ich mit meinen negativen Gedanken vorstoße. Weil Leute diesen dunklen Fleck namens Gerry in ihrem Leben nicht mehr akzeptieren konnten. Ich versteh das nun sogar. Auch wenn ich weiterhin der Meinung bin, dass toxische Positivität ein großes Problem darstellt.

Es gibt ein oder zwei Kontakte, bei denen ich mir denke, es wäre nice, wenn die wieder entstehen und die Menschen vielleicht verstehen, dass ich nun mal so bin und sich das nicht in einem Wimpernschlag, und vielleicht auch niemals, ändern lässt. Aber ich glaube nicht dran.
Zusätzlich werden sich auch die falschen Menschen davon angesprochen fühlen. Also wenn ich euch nicht antworte … ihr gehört nicht dazu.

Was hilft nicht? Wie gehen wir nun damit um?

„Es tut mir Leid für dich“ … Das darf es. Aber … es hilft nicht. Mitleid zu bekunden, wenn man etwas nicht nachvollziehen kann, dient am Ende doch nur einem selbst, damit man sich besser fühlt. Den Betroffenen hilft das so gar nicht und am Ende fühlt man sich (in meinem Fall zumindest) schlecht, weil man jemanden vielleicht sogar traurig gemacht hat.
Auch Dinge wie Positivät oder Hoffnung aufzwingen wollen ist absolut nicht hilfreich. Diese Krankheitskombination erlaubt es quasi nicht, die Hoffnung und Positivität aufzunehmen. Oder sogar wahrzunehmen. Und egal wie sehr es eine Person versucht Vertrauen in eine hoffnungsvolle Zukunft zu säen, führt es eher dazu … dass man das Gespräch, oder bei einer dauerhaften Beschallung, den Kontakt reduziert und beendet.

Ich versuchte bisher das immer zu vermeiden. Also den Kontakt zu beenden. Das hatte sich oft von allein erledigt (siehe letzter Abschnitt). So hart es klingt: In Anbetracht der Fakten bzgl. Therapierbarkeit, geschweige denn einer Heilung, existiert keine Hoffnung. Bzw. ich sehe sie nicht und kann es auch nicht.
Ihr dürft gerne Hoffnung haben. Das verbietet euch keiner. Aber zwingt sie mir (und eventuell auch anderen Betroffenen, denen ihr begegnet) nicht auf. Das ist Zeit- und Energieverschwendung. Für beide Seiten.

Auch das Aufzwingen etwas zu tun (zum Beispiel, zu sagen, dass man sich sofort therapieren lassen soll) ist kontraproduktiv. Ich habe mein Tempo. Ich will mein Tempo selbst bestimmen. Das „Bereitsein“ etwas zu tun muss von mir kommen. Ich muss die Entscheidung treffen, eine Therapie zu beginnen. Einen Sport zu betreiben. Ein Hobby zu finden. Und und und.
Man darf mir nicht das Recht absprechen, selbst Entscheidungen zu treffen, was diese spezielle Thematik angeht.

Und nun?

Ich habe nun viel geschafft. Ich habe vieles, was Jahre vor mich hingeschoben wurde, in den letzten Jahren in Angriff genommen. Ich habe mir einen kleinen, aber feinen, Freundeskreis aufgebaut. Ich habe meinen Namen geändert. Amtlich mit Urkunde. Und ich habe nun eine Diagnose.
Aber jetzt … bin ich erstmal Müde. Und ich muss irgendwie hinkriegen, dass ich genug Energie im Kopf sammele, für das, was noch ansteht. Der Umzug allem voran.

Ich möchte für mich jetzt erstmal etwas Ruhe einkehren lassen. Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen. Das Thema selbst wird noch viele Male in diesen Kontakten auftauchen. Und ich hoffe, dass ihr alle dafür Verständnis habt. Aber ich möchte erstmal nicht weiter auf Veränderungen drücken. Ich brauch eine Pause.

Ich werde mich bzgl. der beiden Erkrankungen weiter belesen. Mich weiterbilden, um vielleicht auch Wege zu finden, es einfacher zu erklären. Ich werde lernen, damit umzugehen. Und vor allem werde ich versuchen, meinem Umfeld auch vernünftig gegenüberzutreten, um das nahe zu bringen und aufzuklären.
Ich habe zwei Krankheiten, die man nicht sieht. Äußerlich bin ich (vielleicht etwas zu fett) gesund. Naja. Bis auf Kleinigkeiten wie meine Akne oder mein Ekzem. Aber meinen Kopf werdet ihr nie sehen können. Das Chaos. Die Ängste. Die immerwährende Dunkelheit.

Ich werde weiter aufstehen. Weiter meine Schritte tun. Egal wie oft ich hinfalle. Ich werde mit den Krankheiten Leben und weiter mein Leben bestreiten, bis ich es vielleicht irgendwann nicht mehr kann. Und das sollte ich mir bewusst sein und auch meine Familie: Das kann irgendwann passieren.
Und es liegt an meine Familie und meinen Freunden, ob sie mich weiterhin begleiten möchten. Ihr seht einen Gerry, der grummelig ist. Ihr mögt (oder hasst) ihn. Und nun wisst ihr auch, dass ich krank bin. Im Kopf. Mit Krankheiten, bei denen viele Menschen meinen, ein bisschen Sonnenschein könnte sie heilen. Oder sogar verweigern, sie zu akzeptieren.

Wenn ihr fragen habt: Fragt. Wenn ihr darüber mit mir reden wollt: Redet mit mir. Danke. Danke an alle, die in den letzten Wochen so sehr für mich da waren.

Gerry

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7 Kommentare zu „Diagnose – Dysthymia und ÄVPS: Was nun? Sortieren und Aufklären“

  1. Dem gibt es ja eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen, denke ich. dogger4Sip Aber du weißt ja, wie ich immer so schön sage: Mich hast du eh an der Backe, mich wirste nich mehr los. dogger4Hehe Gerry bin ich schon gewohnt und Roswitha in all ihren Formen wird daran auch nix mehr ändern. Egal wie sie sich nun nennt. dogger4Derp

  2. Huhu dogger4Hi

    So den Blogeintrag habe ich jetzt zuende gelesen, ich brauchte ein wenig Zeit bei so viel Text.

    Der Teil mit der Dysthymie (bin selber betroffen) ….. – wie eine Art Spiegel! Personen die keinen Schimmer von der Krankheit haben oder nicht wissen wie man damit umzugehen hat – schwierig – die Sprüche die oben aufgelistet sind….. schon x-mal gehört. Ich könnte sie auch mit vielem erweitern…..

    z.b. „raff dich doch einfach mal auf, ich habe das doch früher auch geschafft“, „so schwer ist das doch nicht, reiß dich zusammen“, „ich war mit 2 Kindern alleine“ und und und….. ich denke jeder könnte zu dieser Liste weitere beispiele hinzufügen….. aber – bringt nix außer das man nachher (in meinem Fall) mit Fragen und negativen Gedanken zurück bleibt

    „warum kann das jeder andere, warum ich nicht“, „was ist los mit mir ich muss das doch auch hinbekommen“ „ja super drück mir ruhig nochmal rein wie wenig ich was gebacken bekomme , danke dafür….“ führt dazu das ich nachher total überfordert bin und mich heulend in eine Ecke verkriechen will….. Auch wenn es nicht deren Absicht ist einen Vorwurf zu starten, bei mir kommt einfach was komplett anderes an….

  3. Das ist ein ganz schöner Klops. Es ist scheiße, weil es so ist wie es ist. Auf der anderen Seite ist es gut, weil wenn du weißt mit was du es zu tun hast, kannst du besser damit umgehen und Werkzeuge nutzen um den Zustand abzumildern. Also in dem Sinne, dass deine Lebensqualität ansteigt. Manche Sachen kann man halt nicht wegtherapieren aber Akzeptanz hilft auch schon.
    Ich kenne dich erst kurz aber ich mag deine prägnanten Persönlichkeitsmerkmale. Du bist ein fairer und interessanter Mensch und dafür brauchst du für mich nicht der Norm entsprechen. Ich mag Menschen, die ihren Finger in die Wunde legen und anecken. Jeder sollte mindestens eine Person dieser Art im Freundeskreis haben.

    Mir gefällt es, dass du aufklärst und damit für dich und Andere einen konstruktiven Weg öffnest mit der Diagnose umzugehen und dazuzulernen. Mir hat es z. B. sehr geholfen über mein Diagnose zu lernen, da ich plötzlich wusste, dass ich nicht einfach zu faul oder zu dumm bin oder mir nicht genug Mühe gebe meinem Potenzial, dass ich habe zu entsprechen. Dass es da einfach diese chemische Besonderheit gibt, die es mir einfach schwerer macht.

    Und alleine Jemand sagen zu können: „Hier ist es kaputt und deswegen geht es nicht.“ Nimmt viel den Stress raus. Auch wenn es natürlich bornierte Menschen gibt, die dir Tipps geben werden, weil sie gerade vergessen haben, dass sie keine Psychologen sind.

    Was ich mir für dich persönlich wünsche, ist dass du dich letztendlich wohler fühlst, deinen Akku dadurch etwas besser aufladen kannst und dass du genug Energie aufbringst, weiter dran zu bleiben, deinen Persönlichkeitsmerkmalen auf die Diagnosespur zu kommen. So, genug gequatscht.

  4. So viel Text, der mindestens genauso viel erklärt. Ich finds toll, dass du endlich weißt, wieso du so bist, wie du bist. Wahrscheinlich ist deine derzeitige Müdigkeit auch einfach durch die Last die dir nun etwas von den Schultern gefallen ist zu erklären dogger4Think
    Ich werd dich weiterhin begleiten und unterstützen so gut ich kann, wenn wir dann endlich zusammen wohnen, wird das sicher auch leichter. dogger4Luv

  5. Endlich hast du eine Diagnose, sowas bringt zwar nicht unbedingt direkt etwas, aber nun hat man etwas womit man arbeiten kann. (was du ja bereits durch den Blog + deiner Recherche machst dogger4Hug )

    Das diese nun etwas anderes ist, als man erwartet oder gehofft hat, ist dann zwar nochmal ein negativer Punkt an der Sache, aber lässt sich nicht ändern.

    Ich verstehe auch nicht, warum Kliniken immer so Wirr aufgebaut sein müssen… Habe schon – beruflich bedingt – einige gesehen und bis auf wenige Ausnahmen nie ohne mich durchzufragen in die entsprechenden Abteilungen gefunden.

    Das Warten ist immer das Schlimmste, da malt man sich Sachen aus und wenn es dann auch noch ggf. länger dauert als angekündigt, wird dieses Gefühl nur noch schlimmer.

    Von der Diagnose habe ich vorher noch nie gehört.
    Ich hoffe trotzdem für dich, dass es nach dem Umzug den du planst, einen Weg geben wird, der dir eine Besserung verschafft.

    Die typische Sprüche, die man immer hört… Man muss nicht immer lächeln oder optimistisch sein. Realismus ist genauso wichtig und nach deinem Blog mit toxischer Positivität/Negativität (kann ich auch empfehlen zu lesen) öffnet es vielleicht auch mal anderen die Augen.

    Ein Mensch legt sich routinen zu oder in dem Fall ist das dann eher ein Reflex, weil es dazu irgendwann eine verknüpfung gab, die dann immerwieder abgerufen wird (so wie das lächeln)

    Zeitverschwendung ist ein schwieriger Punkt, ich denke auch öfters mal, ich hätte auch was anderes tun können, grad auf arbeit sind das die Meetings, die für mich zu 90% sinnlos und zeitfressend sind, ohne das es was bringt.
    Ich versuche ebenso alles zu bedenken, aber es geht wohl nicht, wirklich an alles zu denken. Aber da hilft es bei mir, wenn ich mich mit anderen dazu noch austauschen kann. Wobei da dann ebenso die Missverständnisse passieren können.

    Alkohol/Drogen sind bei sowas keine Lösung, aber das sind Sie eigentlich auch nie. Denn der Moment wo alles verfliegt ist verschwindend gering bevor es dann stärker wieder auf einen einschlägt…

    Das zu den kopflichen Beschwerden dann noch körperliche Schwächen kommen ist ein wirklich schlimmer Teufelskreis. Warum muss es einem denn noch schwerer gemacht werden. Aber niemand sagte ja , dass es leicht werden wird (auch wenn es immer wieder die gibt, denen alles zufällt…)

    Ich wünsche dir, dass die DD Phasen möglichst gering bleiben und bei dir eine Behandlung hoffentlich eine Besserung bringt.

    Wenn du demnächst umziehst, suche am besten in dem Bereich bereits jetzt schon, vielleicht hast du ja dort mehr Glück als in Berlin eine entsprechende Person mit den Qualifikationen zu finden. Ich drück dir alle Daumen

    Aufklärung ist wichtig, aber auch dabei kann man leider nicht die Reaktionen vorhersehen. Manche werden es verstehen, andere wider rum nicht. Für mich war der Blog sehr Informativ und ich verstehe dadurch auch wieder mehr, warum du so bist wie du bist.
    Ich mag dich irgendwie, auch wenn ich dich nicht persönlich kenne.

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